5 Gründe, warum Medical Training für jedes Pferd zum Pflichtprogramm gehören sollte

5 Gründe, warum Medical Training für jedes Pferd zum Pflichtprogramm gehören sollte

5 Gründe, warum Medical Training für jedes Pferd zum Pflichtprogramm gehören sollte

Für viele Pferdebesitzer ist Medical Training bis heute ein Fremdwort. Warum sich das im Sinne unserer Pferde ändern sollte und wieso Medical Training für jedes Pferd unerlässlich ist, erfährst du hier.

1. Weniger Stress für Pferd und Besitzer

Eine tierärztliche Untersuchung oder Behandlung kann für dein Pferd ganz schön stressig sein. Ziemlich nachvollziehbar, schließlich gibt es wahrlich angenehmere Dinge, als fremde Menschen am eigenen Körper herum manipulieren zu lassen. Während wir Menschen teils schmerzhafte Prozedere zu Gunsten unserer Gesundheit in Kauf nehmen, kann das Pferd den Sinn des Ganzen nicht erkennen. Trotzdem setzen wir oft selbstverständlich voraus, dass es verschiedenste unangenehme Reize ohne Gegenwehr über sich ergehen lässt. Läuft dann etwas nicht wie geplant, haben wir diverse Zwangsmaßnahmen in petto – von der Halsfalte bis zur Nasenbremse. Zwar lassen sich mit diesen Hilfsmitteln die allermeisten Notfälle irgendwie lösen, für das Pferd bedeuten sie aber den absoluten Kontrollverlust über die Situation und das Geschehen am eigenen Körper.

Stell dir vor, du gehst zum Zahnarzt…

Nun hast du sowieso schon eine günstigere Ausgangsposition als dein Pferd, schließlich bist du freiwillig in die Praxis gegangen und bist vermutlich vom Nutzen der Behandlung überzeugt. Trotzdem bist du nervös, hast vielleicht Angst und weißt nicht genau, was im Laufe der Behandlung passiert.

Nun stell dir zwei verschiedene Szenarien vor.

Im ersten Szenario bindet dich der Zahnarzt am Stuhl fest. Statt dir den Ablauf der Behandlung zu erklären, holt er seinen Bohrer raus und macht sich an den ersten Zahn. Vermutlich würdest du die Behandlung irgendwie ertragen – du hättest ja keine Alternative. Je nachdem, wie groß deine Angst ohnehin schon war und was für ein Typ du bist, würdest du wohl irgendwo zwischen deutlichem Unwohlsein und Panikattacke landen. Wohl fühlen würdest du dich aber sicherlich nicht und wiederkommen erst recht nicht.

Im zweiten Szenario geht der Zahnarzt auf dich und deine Nervosität ein. Er erklärt dir nicht nur jeden einzelnen Handgriff, ihr vereinbart auch ein Stop-Signal. Er verspricht dir, auf dein Handzeichen jederzeit sofort die Behandlung zu unterbrechen. Du behältst die volle Kontrolle über die Situation. So arbeitet ihr euch Schritt für Schritt voran.

Welchen Zahnarzt würdest du wählen?

Ich denke, die Antwort liegt auf der Hand. Das Wissen, dass du jederzeit abbrechen kannst und nichts gegen deinen Willen geschieht, vermittelt eine gehörige Portion Sicherheit. Auf dieser Basis bist du bereit, ein gewisses Maß an unangenehmen Abläufen über dich ergehen zu lassen. Du lässt dich auf die Behandlung ein und fühlst in dich rein, was für dich aushaltbar ist und wo deine Grenzen liegen. In der ersten Praxis würdest du höchstwahrscheinlich schon lange, bevor diese Grenze erreicht ist, versuchen vom Stuhl zu springen – zumindest würde ich das in Anbetracht der gruseligen Gesamtsituation tun.

Übertragen wir das Zahnarzt-Bild nun also auf dein Pferd. Um die Behandlung angenehmer und stressfreier zu gestalten, sollte sie für dein Pferd vorhersehbar sein. In der Praxis wurde ich häufig gebeten, Pferde möglichst im Vorbeigehen zu impfen, damit sie die Spritze nicht vorher sehen. Dieses Vorgehen empfinde ich als extrem unfair – ganz abgesehen davon, dass die Pferde spätestens nach der zweiten Impfung dieser Art schon davonlaufen, wenn sie mich aus der Entfernung sehen. Was dann passiert, wenn diese Pferde koliken und schnell eine intensivere Behandlung brauchen, darf sich jeder selbst vorstellen.

Der Kontrollfaktor aus unserem Zahnarzt-Beispiel hilft auch deinem Pferd, sich auf die Behandlungssituation einzulassen. Das Gefühl, die Situation jederzeit unterbrechen zu können und nicht ausgeliefert zu sein, lässt es genau so wie uns Menschen entspannter mit der ganzen Angelegenheit umgehen. Diesen Effekt machen wir uns im Medical Training zu Nutze. Wir geben den Pferd durch die Nutzung von Kooperationssignalen ein Werkzeug in die Hand, uns seine Grenzen fein zu kommunizieren. Gleichzeitig erklären wir ihm jeden kommenden Schritt kleinteilig und machen ihn so schmackhaft wie möglich – im wahrsten Sinne des Wortes. Es lohnt sich für das Pferd, Manipulationen unterhalb einer gewissen Schmerzgrenze zu tolerieren.

Routinebehandlungen wie Impfungen, Wurmkuren oder Blutentnahmen fallen durch die Bank weg in den Bereich, den fast jedes Tier bei entsprechender Vorbereitung gut toleriert. Wenn du etwas Mühe darauf verwendest, diese Grundlagen sauber zu trainieren, ist für dein Pferd also schon eine ganze Menge gewonnen. Sollte dann doch einmal ein Eingriff erforderlich sein, der die Grenzen deines Pferdes übersteigt, kann der Tierarzt am entspannten Pferd Schmerzmittel und / oder Sedation verabreichen.

By the way – nicht nur dein Pferd hat weniger Stress.

Auch als Besitzer schläft es sich besser, wenn man dem Tierarzt-Besuch entspannt entgegen sehen kann. Es macht einfach keinen Spaß, bei jeder Impfung wieder zu hoffen, dass alles gut geht. Für tierärztliche Behandlungen gilt eindeutig: Je unspektakulärer, desto besser!

Pferd Medical Training

 

2. Sicherheit für Pferd, Tierarzt und Besitzer

Medical Training kann die tierärztliche Behandlung sicherer machen. Für dich, dein Pferd und nicht zuletzt für deinen Tierarzt. Das Potential für Unfälle im Rahmen der Behandlung ist bei 500 kg durchschnittlichem Kampfgewicht leider relativ groß.

Als Tierarzt sind es die umherfliegenden Hufe, denen man beim Fiebermessen oder beim Verbände wickeln oft genug kamikazemäßig ausweichen darf. Von Rektaluntersuchungen, die im Feld oft unter ziemlich ungünstigen Bedingungen stattfinden müssen, möchte ich gar nicht anfangen. Nicht umsonst wird die Berufsunfähigkeitsversicherung schon im Studium intensiv beworben und kostet für Tierärzte einen ordentlichen Batzen Geld – hohe Risikoklasse eben.

Als Besitzer findet man sich schnell im Einzugsbereich hektisch herumschwenkender Köpfe wieder oder wird gleich ganz von seinem panischen Schatz umgemäht. Die Aufgabe, ein gestresstes Pferd für den Tierarzt zu fixieren oder das Bein für den Hufverband hochzuhalten, kann da schon mal ein paar Schweißperlen auf die Stirn treiben.

Auch für das Pferd steigt mit ruhigem Verhalten die Sicherheit bei der Behandlung. Man stelle sich vor, wie das Pferd beim Spritzen zappelt und die Nadel überall hin gerät, nur nicht dort, wo sie hingehört. Oder die Nasenschlundsonde ist halb im Pferd verschwunden und dieses beginnt plötzlich mit heftigen Abwehrbewegungen. Natürlich geben wir Tierärzte uns Mühe, das zu vermeiden und haben dafür auch ein paar Kniffe auf Lager, trotzdem ist es noch besser, wenn man es gar nicht drauf anlegen muss.
Besonders beliebt ist an dieser Stelle übrigens auch das Gezappel beim Hufschmied – mit halb abgenommenem Eisen und offen hervorstehende Nägeln. Je mehr Mühe man sich an dieser Stelle als Pferd gibt, desto größer ist die Chance, einen Tierarztbesuch gleich noch hinterher zu gewinnen. Eine gute Vorbereitung kann also auch beim Schmied nicht nur für entspannteres Arbeiten sorgen, sondern auch böse Verletzungen verhindern.

3. Weniger Sedierung / Zwangsmaßnahmen

Gleich vorweg – Medical Training ist nicht grundsätzlich dazu geeignet, eine Sedierung zu ersetzen. Selbst wenn du optimal trainierst und dein Pferd top vorbereitet ist, gibt es Maßnahmen, die nicht ohne Sedierung durchgeführt werden sollten. Ein klassisches Beispiel ist die Zahnbehandlung. Es gibt verschiedene gute Gründe, warum es keine gute Idee ist, mit einer Motorraspel im unsedierten Pferd herumzuhantieren (was nicht heißt, dass es nicht trotzdem stattfindet…).

Dennoch kann eine gute Vorbereitung einzelne Maßnahmen ohne Sedierung ermöglichen und bei Anderen die Menge der Sedativa verringern. Ein Verbandswechsel oder eine einfache Wundversorgung können meist ohne Sedierung durchgeführt werden – vorausgesetzt, das Pferd ist entsprechend entspannt und kooperativ. Das Gleiche gilt für Routinebehandlungen wie die Hufbearbeitung. Hier ist das Arbeiten ohne Sedierung zwar die Regel, trotzdem steht und fällt alles mit dem Verhalten des Pferdes. Mancher wäre überrascht, wie oft man als Tierarzt doch gerufen wird, um Pferde für den Schmied zu sedieren.

Selbst bei der Zahnbehandlung, wo nicht auf die Sedierung verzichtet wird, bringt vorheriges Training Vorteile. Ein Pferd, das Panik vor den lauten Geräuschen oder Vibrationen der Raspel hat, wird vermutlich mehr Drogen brauchen, als ein vergleichbares Pferd ohne Geräuschangst. Der Tierarzt kommt also eher mit der Anfangsdosis aus, muss nicht nachsedieren und Organismus wie Geldbeutel können geschont werden.

Nasenbremse und Co.

Das Gleiche gilt übrigens auch für die Nasenbremse. Je entspannter dein Pferd in der Behandlung mitarbeitet, desto weniger Grund gibt es, diese oder andere Zwangsmaßnahmen einzusetzen. Ich persönlich kann den Sinn und Zweck dieser Utensilien nachvollziehen und im akuten Notfall manchmal auch gutheißen. Wenn es unvermeidbar ist, um das Pferd vor schlimmeren Schäden zu bewahren, bleiben einem Tierarzt manchmal nicht viele Alternativen. Völlig unverständlich finde ich es allerdings, wenn Pferde für gut trainier- und planbare Eingriffe wie jährliche Kontrollblutbilder mit der Nasenbremse oder anderen Zwangsmaßnahmen fixiert werden müssen.

Mit dem entsprechenden Wissen und ein bisschen Arbeit werden immerhin Tiger und Elefanten für derartige Eingriffe schonend trainiert. Bei diesen Tieren wäre es mit den Zwangsmaßnahmen schließlich auch etwas komplizierter. Unseren Pferden eine vergleichbare Vorbereitung vorzuenthalten, nur weil wir ja Backup-Optionen wie Führkette, scharfes Gebiss oder Nasenbremse haben, ist in meinen Augen unfair und unnötig.

 Behandlungstraining Pferd

4. Vertrauensbasis Pferd / Besitzer

Der Punkt erscheint fast selbsterklärend – sicherlich möchtest auch du eine gute, vertrauensvolle Beziehung zu deinem Pferd erarbeiten oder erhalten. Dass Stress und Angst im Rahmen von Tierarztbesuchen da nicht förderlich sind, ist dir vermutlich ohnehin klar.

Denken wir nochmal zurück an das Zahnarzt-Beispiel. Stell dir vor, du wirst von deiner besten Freundin in die Zahnarztpraxis begleitet. Wahrscheinlich wirst du von ihr erwarten, dass sie dich im ersten Szenario vom Zahnarztstuhl rettet. Dass sie die Behandlung verhindert, deine Fesseln löst oder zwischen dir und dem Zahnarzt vermittelt. Aber statt dir zu helfen, schlägt sich deine beste Freundin urplötzlich auf die Seite desjenigen, der dich da gerade gegen deinen Willen festhält und dir Angst macht. Statt dir beizustehen hält sie deinen Kopf fest. Wie würde euer Verhältnis wohl nach der Behandlung aussehen?

Glücklicherweise verzeihen unsere Pferde eine ganze Menge. Trotzdem bringen wir sie mit schlechter Vorbereitung immer wieder in derartige Situationen. Statt als die Vertrauensperson, die wir gern sein möchten, an ihrer Seite zu stehen, halten wir sie fest. Wir ermöglichen dem Tierarzt, ihnen weiter Angst zu machen und können ihnen doch nicht erklären, dass es nur zu ihrem Besten ist.

Natürlich ist es keine Option, unsere Pferde im akuten Notfall zu „retten“ und den Tierarzt vom Hof zu jagen. Sie gut vorzubereiten und ihnen die Angst zu nehmen, liegt aber durchaus im Bereich dessen, was wir für sie tun können. Gutes Training kann also nicht nur den Stress beim Tierarzttermin reduzieren, sondern auch die Beziehung zwischen Pferd und Mensch verbessern und schützen.

5. Bessere medizinische Ergebnisse

Zu guter Letzt steht noch das medizinische Ergebnis. Je besser dein Pferd sich behandeln lässt, desto mehr Spielraum hat der Tierarzt, um ihm die optimale Diagnostik und ggf. Therapie zukommen zu lassen.

Da wir Tierärzte in erster Linie unsere eigenen Knochen schützen müssen, wägen wir vor jedem Behandlungsschritt das entstehende Risiko ab. Dabei kann es durchaus passieren, dass wir notwendige Untersuchungen oder Therapien verweigern müssen, um uns nicht selbst zu gefährden. Das typischste Beispiel sind wohl die Rektaluntersuchungen.

Werden wir zu einem Koliker gerufen, gibt uns die Rektaluntersuchung wertvolle Informationen über Art, Grad und Prognose der Erkrankung. Um diese Untersuchung durchzuführen, müssen wir uns jedoch in den gefährlichsten Bereich am Pferd begeben – direkt hinter die Hinterbeine. Natürlich gibt es verschiedene Hilfsmittel, mit denen wir versuchen, uns das Leben etwas leichter und sicherer zu machen. Trotzdem entscheidet letztlich das Verhalten des Pferdes darüber, wieviel Risiko wir bereit sind in Kauf zu nehmen. Ich selbst habe schon einige Untersuchungen abgelehnt, obwohl ich den Pferden gern geholfen hätte. Einfach weil ich an meinen Knochen und meinem Leben hänge. In solchen Fällen kommt dann nur noch der Weg in die Klinik in Frage, wo nochmal andere Sicherheitsmaßnahmen vorhanden sind. Alternativ müssen Pferd und Besitzer leider auf das Untersuchungsergebnis verzichten, was je nach Fall fatale Folgen haben kann.

Natürlich soll jetzt nicht jeder Pferdebesitzer anfangen, sein Pferd eigenständig mit rektalen Untersuchungen zu belämmern. Allerdings gibt es viele Vorstufen, die wenn sie gut trainiert werden die reale Untersuchungssituation entschärfen können. Bemerke ich zum Beispiel, dass mir ein Patient schon beim Fiebermessen droht, muss ich bis zur Rektaluntersuchung gar nicht mehr weiter denken.

Die rektale Untersuchung ist hier nur Beispiel für verschiedenste Maßnahmen, die bei starker Gegenwehr des Pferdes eben nicht stattfinden können. Selbst einfache Abläufe wie ein Verbandswechsel können am ängstlichen Pferd zu großen Herausforderungen werden. Kann eine Untersuchung oder Behandlung nicht in optimaler Qualität durchgeführt werden, leidet darunter im Zweifel immer der Patient.

Überzeugt?

Du siehst, dein Pferd kann von gutem Medical Training in vielerlei Hinsichten profitieren. Also worauf wartest du? Es ist Zeit, ins Training einzusteigen und deinem Pferd den Tierarzt schmackhaft zu machen. Jede Menge Infos rund ums Thema Medical Training findest du in meinem kostenlosen Newsletter. Für gemeinsames Training im Großraum Magdeburg / Stendal melde dich einfach bei mir und vereinbare ein unverbindliches Gespräch!

Von |2022-10-23T15:01:33+02:0023. Oktober 2022|Allgemein|0 Kommentare

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