September 2023 – Veröffentlichung in der Pferd und Freizeit der VFD

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Foto: Fersing

Alptraum Hufrehe

Die Ursachen hinter dem Symptom

VON LENA KRAUSE

September. Die Weidezeit ist in vollem Gange. Was den einen die Herzen höher schlagen lässt, bereitet den anderen Sorge. Insbesondere im Frühjahr endet die Freude über die frischen, grünen Wiesen für viele Pferde und Ponies im Reheschub. Aber was steht dahinter und wie können wir unsere Vierbeiner vor diesem denkbar schlechten Start in den Sommer schützen?

Auslöser Fruktan – oder was sonst?

Immer wieder werden gestresstes Gras und hohe Fruktanwerte für das Reherisiko unserer Pferde verantwortlich gemacht werden. Das ist zwar nicht falsch, bildet aber nur die halbe Wahrheit ab. Ein gesunder Warmblüter (500 kg) müsste mindestens 1500g reines Fruktan zu sich nehmen, um alleine darüber einen Reheschub auszulösen. Bei einem recht hoch angesetzten Fruktangehalt von 80g/kg Trockensubstanz (realistisch im April), müsste das Pferd dazu etwa 120kg frisches Gras fressen. Bei einem typischen Fruktanwert von 10g/kg Trockensubstanz im Herbst wären es sogar 1000kg. Es erscheint also fast unmöglich, dass gesunde Pferde durch die Aufnahme von Fruktan auf der Wiese in den Reheschub abrutschen.

Stattdessen nehmen wir mittlerweile an, dass bis zu 90% der Hufrehefälle ursächlich mit einer Stoffwechselerkrankung assoziiert sind. Sowohl das equine metabolische Syndrom (EMS) als auch die PPID (ehemals equines Cushing-Syndrom) verringern die Toleranz gegenüber Fruktan deutlich. Die meist unerkannten Erkrankungen sorgen dafür, dass auch „realistische“ Mengen Fruktan größeren Schaden anrichten, als sie es beim gesunden Pferd je gekonnt hätten. Bei Pferden über 15 Jahren können wir davon ausgehen, dass etwa 33% der Reheerkrankungen mit einer PPID-Erkrankung einhergehen, während bei 66% ein equines metabolisches Syndrom dahinter steht.

Aber was steckt konkret hinter EMS und PPID und wie können wir im Alltag damit umgehen und unsere Pferde vor den Folgen schützen?

PPID – (Equines Cushing)

Die Abkürzung PPID steht für Pituitary pars intermedia disease. Es handelt sich um eine Überfunktion des Hypophysen-Zwischenlappens – der Pars intermedia. Die früher übliche Bezeichnung als equines Cushing hat hier teilweise zu Verwirrung geführt. Während Cushing bei Hund und Mensch ihre Ursachen in einem anderen Bereich der Hirnanhangsdrüse oder auch in der Nebenniere haben, unterscheidet sich das Bild beim Pferd deutlich. Um diese Differenzierung deutlicher abzugrenzen und Verwechslungen zu vermeiden, wird mittlerweile beim Pferd nicht mehr vom Cushing sondern eben von PPID gesprochen.

Ursache für PPID

Beim gesunden Pferd ist die Hypophyse maßgeblich an der Hormonregulation des gesamten Stoffwechsels beteiligt. Die Pars distalis (also nicht der bei PPID erkrankte Teil) schüttet physiologisch ACTH aus, welches auf die Nebennierenrinde wirkt und dort eine Cortisolausschüttung induziert. Wurde genug Cortisol ausgeschüttet, erfolgt ein negativer Feedbackmechanismus, der wiederum hemmend auf die Hypophyse einwirkt und verhindert, dass sie noch mehr ACTH produziert.

Die Pars intermedia – der Hypophysenzwischenlappen – ist beim gesunden Pferd nicht maßgeblich an der Produktion von ACTH beteiligt. Sie wird von bestimmten neurologischen Strukturen, den dopaminergen Nervenfasern gehemmt.

Beim PPID-Pferd degenerieren diese dopaminergen Fasern. Dadurch entwickelt die Pars intermedia eine pathologisch erhöhte Aktivität und beginnt fröhlich, POMC (Proopiomelanocortin) zu produzieren, welches im weiteren Verlauf unter anderem zu ACTH gespalten wird. Anders als das physiologische ACTH aus der Pars distalis, ist dieses ACTH kaum stoffwechselaktiv und wirkt sich nicht auf die Cortisolproduktion aus. Das ACTH selbst ist also nicht das Hauptproblem, es eignet sich aber ganz hervorragend als Messgröße, da wir das POMC selbst und die anderen daraus entstehenden Stoffwechselvorgänge bisher nur teilweise kennen und mit alltagstauglichen Mitteln nicht messen können.

Die genauen endokrinologischen Prozesse, die von der Aktivierung der Pars intermedia bis hin zu den verschiedenen klinischen Symptomen führen, sind erst teilweise bekannt und noch Gegenstand der Forschung. Ein bereits bekannter Effekt ist, dass PPID sich unter anderem auf die Insulinregulation mit auswirken kann (aber nicht muss). Bei Fruktanaufnahme kommt es zu einer überschießenden Ausschüttung von Insulin, welche letztlich einen endokrinopathischen Reheschub auslöst. Das Risiko für eine Hufrehe ist insbesondere im Herbst bei PPID-Pferden 5-fach erhöht gegenüber dem gesunden Pferd.

Weitere Symptome bei PPID

Ein weiteres typisches Symptom, das in 85% der Fälle auf eine nachweisliche PPID-Erkrankung hindeutet, ist das Bild der Hypertrichose. Es handelt sich um das auffällig lange und teilweise gelockte Fell, welches im Fellwechsel oft nur schwer und verzögert abgeworfen werden kann. Das Symptom kann sowohl regional in einzelnen Körperpartien als auch generalisiert am ganzen Körper auftreten.

 

Die Hypertrichose, langes Fell mit verzögertem Fellwechsel, deutet in 85 Prozent der Fälle auf eine PPID-Erkrankung hin. Foto: Bertelsmeier

Ist der Mai schon heikel, so sind September und Oktober noch gefährlicher für PPID-Pferde. Foto: Moser-Salomon

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Etwas unspezifischere Symptome einer PPID sind Muskelabbau (insbesondere in der Rückenlinie), Verhaltensveränderung (in seltenen Fällen bis hin zu Bewusstseinsveränderungen und Krampfanfällen), reduzierte Leistung, ungewöhnliches Schwitzen und eine erhöhte Infektanfälligkeit.

Mögliche Begleiterscheinungen sind neben der Hufrehe-Problematik eine verminderte Fruchtbarkeit, Sehnen- und Bänderschwächen, regionale Fettpolster oder wiederkehrende Hornhautgeschwüre.

Die Erkrankung betrifft einen nicht zu vernachlässigenden Anteil unserer Pferde. Etwa 3% der gesamten Pferdepopulation sind betroffen. Je nach Quelle zeigen 13 – 45% der Pferde über 15 Jahre klinische Symptome einer PPID-Erkrankung. 10% der Pferde über 10 Jahren zeigen bei Messungen einen erhöhten Basal-ACTH-Wert. Bei Pferden über 15 Jahren sind es sogar 20%.

Gelocktes Fell, womöglich in Verbindung mit Fettdepots oder Abmagerung, sollte tierärztlich abgeklärt werden. Foto: Fersing

Diagnostik und Möglichkeiten

Wie können wir nun aber sicher diagnostizieren, ob ein Pferd von PPID betroffen ist, oder ob die Symptome durch andere Ursachen ausgelöst werden? Der Goldstandard ist eine histopathologische Untersuchung. Hierbei werden Zellen aus der Hypophyse entnommen und mit Hilfe von verschiedenen Färbeverfahren unter dem Mikroskop auf Veränderungen untersucht. Die Entnahme von Zellen ist jedoch am lebenden Pferd nicht möglich und somit nur geeignet, um eine Veränderung post mortem zu bestätigen.

Stattdessen gilt es, geeignete Verfahren am lebenden Pferd zu wählen, deren Ergebnisse möglichst weitgehend mit den histologischen Erkenntnissen korrelieren.

Ein möglicher Ansatz ist es, ausschließlich die klinischen Symptome zur Diagnostik heranzuziehen. Nimmt man an, dass Hypertrichose und drei weitere klinische Symptome als beweisend gelten, lassen sich hochgradige Veränderungen einigermaßen zuverlässig delektieren. Dies gilt allerdings nur für Pferde, bei denen pathologische Hypophysenveränderungen im Grad V (von V) vorliegen – 91 % dieser Pferde können rein anhand ihrer klinischen Symptomatik erkannt werden. Pferde, deren Veränderungen als Grad IV eingestuft werden, werden mit dieser Herangehensweise schon nur noch zu 11% sicher aufgespürt. Für die Diagnostik ist diese Methodik also weitestgehend ungeeignet, da alle bis auf die höchstgradigen Fälle mit hoher Wahrscheinlichkeit verpasst werden.

Ein gängiger Test im Praxisalltag ist der ACTH-Basaltest. Hier wird die Konzentration des Hormons im Blut unabhängig von seiner biologischen Aktivität bestimmt. Durch die vermehrte Bildung von ACTH in der Pars intermedia sollen PPID-Pferde erkannt werden.

Grundsätzlich ist der ACTH-Basaltest ein geeignetes Verfahren zur PPID-Diagnostik, allerdings treten auch hier gewisse Schwächen auf. Da der physiologische ACTH-Wert starken saisonalen Schwankungen unterliegt, sollte der Basalwert idealerweise im Herbst bestimmt werden. Im September / Oktober tritt die stärkste Abweichung zwischen gesunden und kranken Pferden auf, sodass hier eine verhältnismäßig sichere Interpretation möglich ist. Zu beachten ist grundsätzlich, dass der ACTH-Wert Veränderungen im Rahmen von starkem Schmerz, starker Anstrengung, Allgemeinanänsthesie oder Transport unterliegen kann. Hier gilt es ggf. entsprechende Wartezeiten für eine aussagekräftige Diagnostik einzuhalten.

Leider besteht auch beim ACTH-Basalwert das Problem, dass mildere oder noch nicht so weit fortgeschrittene Erkrankungen leicht übersehen werden. Die Labore veröffentlichen daher Referenzwerte, die die jahreszeitliche Schwankung berücksichtigen, gleichzeitig aber neben einem eindeutig positiven oder negativen Bereich auch eine Grauzone vorgeben.

Bei Pferden, deren ACTH-Basalwert im Graubereich liegt, ist es sinnvoll, weitere Diagnostik in Form eines TRH-Stimulationstests anzuschließen. Dieser beinhaltet zunächst eine Bestimmung des ACTH-Basalwerts. Anschließend wird eine standardisierte Menge TRH (Thyreotropin-Releasing-Hormone) injiziert und der Verlauf des ACTH-Wertes nach 10 Minuten beobachtet. Anders als bei der reinen ACTH-Basalwert-Bestimmung liegen uns hier nur für den Zeitraum von Januar bis Juni Referenzwerte vor, sodass der Test idealerweise in der ersten Jahreshälfte durchgeführt wird.

Während der TRH-Stimulationstest sich eher zur Früherkennung milder Erkrankungen eignet, kann der ACTH-Basaltest auch im späteren Verlauf einer Erkrankung genutzt werden, um die Therapie immer wieder an den aktuellen Bedarf anzupassen.

Wichtig für jegliche Probenentnahme ist, dass der Patient direkt vorher kein Kraftfutter gefressen hat – am günstigsten bietet sich eine morgendliche Untersuchung vor der Fütterung an. Der Ansatz, die Pferde vollständig fasten zu lassen und die Nacht über kein Heu zur Verfügung zu stellen, ist heute nicht mehr aktuell. Außerdem ist eine ACTH-Bestimmung grundsätzlich eine Untersuchung, die einen gewissen Planungsvorlauf für den Tierarzt voraussetzt. Da die Proben recht empfindlich sind und zügig abzentrifugiert werden müssen, sind die Untersuchungen meist nicht spontan möglich.

Beim PPID-Patienten empfiehlt sich zusätzlich der Ausschluss einer Insulindysregulation sowie ein Differentialblutbild, um weitere Stoffwechselfolgen auszuschließen.

Hufrehe ist nicht die Grunderkrankung, sondern in 90 Prozent der Fälle Folge und Symptom von PPID oder EMS. Foto: Archiv Pferd und Freizeit, Fersing

PPID: Therapie und Haltung

Der Ansatzpunkt der PPID-Therapie sind die degenerierten dopaminergen Nerven an der Hypophyse. Der Wirkstoff Pergolid stammt ursprünglich aus der Humanmedizin, wo er zur Parkinson-Therapie eingesetzt wird. Seine Aufgabe ist, die Hemmung der Pars intermedia wieder herzustellen und somit den Hormonstoffwechsel zu regulieren. Die Tabletten sind unter den Handelsnamen Prascend, Pergoquin oder Pergosafe erhältlich und werden täglich oral mit dem Futter eingegeben. Üblicherweise handelt es sich um eine Dauertherapie, wobei der ACTH-Wert alle paar Monate überprüft und die Dosis ggf. angepasst werden sollte. Ein gut eingestelltes Pferd, das nicht zusätzlich unter einer Insulindysregulation leidet, kann mit PPID ein weitestgehend normales Leben führen und darf nach Rücksprache mit dem Tierarzt ohne erhöhtes Reherisiko auf die Weide gehen.

Equines metabolisches Syndrom

Während PPID durch die zugrunde liegende Degeneration erst Pferde ab einem gewissen Alter betrifft, kann das equine metabolische Syndrom bei Pferden jeden Alters auftreten. Es handelt sich nicht konkret um eine Erkrankung, sondern um eine Sammlung von Risikofaktoren, die das Auftreten einer endokrinologischen Hufrehe begünstigen können.

Die Definition des equinen metabolischen Syndroms orientiert sich am Bild des humanen metabolischen Syndroms. Kriterien, die zum EMS-Komplex gehören, sind Adipositas (regional oder generalisiert), Insulinresistenz und die Prädisposition für Hufrehe. Weitere fakultative Beschwerden sind Hyper- oder Dyslipidämie (Erhöhung / Verschiebung der Blutfette), Leptinresistenz, Bluthochdruck und ein chronischer Entzündungsstatus.

Der offensichtlichste Hinweis auf eine EMS-Erkrankung ist das Vorhandensein von typischen Fettdepots, zum Beispiel am Mähnenkamm, der Kruppe oder oberhalb des Auges. Dies kann, muss aber nicht, im Zusammenhang mit einem allgemeinen Übergewicht des Pferdes auftreten. Obwohl die genauen Stoffwechselzusammenhänge noch nicht im Detail erforscht sind, weiß man, dass von diesem zusätzlichen Fettgewebe eine problematische hormonelle Aktivität ausgeht. Diese begünstigt sowohl die Entwicklung entzündlicher Vorgänge im Körper und insbesondere an den Gefäßwänden, als auch die Entstehung einer typischen Insulinresistenz. Die herabgesetzte Sensitivität auf Insulin veranlasst die Bauchspeicheldrüse, mehr Insulin zu bilden. Es entsteht eine Dysregulation.

in tierschutzrelevant verfettetes Pony. Das hormonell aktive Fettgewebe begünstigt die Entwicklung entzündlicher Vorgänge im Körper und die Entstehung einer Insulinresistenz. Foto: Fersing

Diagnostik bei EMS und Insulinresistenz

Zunächst stellt sich bei EMS-Verdacht immer die Frage, wieviel Diagnostik eigentlich notwendig ist, um dann optimale therapeutische Maßnahmen in die Wege leiten zu können. Das Hauptaugenmerk in der Therapie liegt auf strenger Diät und ausreichender Bewegung. Da diese Maßnahmen für jedes adipöse Pferd sinnvoll sind, macht die Frage nach der Insulinresistenz für den weiteren Werdegang des Pferdes oft keinen gravierenden Unterschied.

Trotzdem kann es sinnvoll sein, anhand einer Blutuntersuchung den konkreten Status des Pferdes zu bestimmen und somit auch sein Reherisiko besser einschätzen zu können. Die Blutentnahme findet, anders als es früher üblich war, nicht mehr am nüchternen Pferd sondern nach regulärer Heuaufnahme statt. Es sollte jedoch vor der Blutentnahme kein Kraftfutter gefüttert werden und das Pferd sollte nicht auf der Weide stehen. Im Blutbefund werden die Plasmakonzentrationen von Insulin, Glucose und Triglyceriden bestimmt. Dabei liegt das Hauptaugenmerk nicht nur auf den absoluten Werten sondern auch auf dem Verhältnis von Insulin und Glucose.

Liegt in dieser ersten Diagnostik bereits ein stark erhöhter Insulinwert vor, ist der Hinweis auf eine Insulinresistenz deutlich. Erscheinen die Werte grenzwertig oder in Ordnung, schließt sich ein oraler Glucose-Toleranztest an. Dazu wird dem nüchternen Pferd eine definierte Menge Glucose in Form von Maissirup eingegeben. Anschließend wird nach einer Zeitspanne von 60 bis 90 Minuten Blut abgenommen und Glucose sowie Insulin bestimmt. Anhand der Verstoffwechselung der aufgenommenen Glucose ist es möglich, eine sichere Diagnose bezüglich einer Insulinresistenz zu stellen.

Fütterung und Bewegung

Die wichtigste Säule der EMS-Therapie ist eine angepasste Fütterung im Zusammenhang mit einer adäquaten Bewegung. Als Richtlinie für die Heufütterung kann zur Gewichtsreduktion 1 kg (Trockenmasse) Heu pro 100 kg Zielgewicht des Pferdes angenommen werden. Dabei sollte es sich um möglichst zuckerarmes Heu handeln – eine Beprobung des Heus ist sinnvoll. Um zu lange Fresspausen zu vermeiden, sollte das Heu in mehreren kleinen Portionen, am besten in engmaschigen Heunetzen, angeboten werden. Durch Waschen des Heus vor der Fütterung können die löslichen Zucker minimiert werden. Beim Waschen sind unbedingt die Umgebungstemperaturen zu berücksichtigen. Grundsätzlich sollte Heu nur in geringen Mengen und nicht auf Vorrat gewaschen werden, um unerwünschte Gärungen bei warmen Witterungsverhältnissen zu vermeiden.

Das Bewegungsprogramm ist unbedingt auf die individuelle Konstitution des Pferdes anzupassen. Gerade schwer übergewichtige Pferde sollten zu Beginn über Spaziergänge oder gemeinsame Joggingrunden bewegt werden. Erst mit abnehmendem Körpergewicht und verbesserter Grundkondition dürfen die Ansprüche gesteigert werden. Insbesondere wenn das Pferd bereits Reheschübe gezeigt hat, sollten das Bewegungsprogramm und der richtige Startzeitpunkt dringend mit dem behandelnden Tierarzt abgestimmt werden.

Ein fittes Team. Bewegung ist das A und O, doch muss mit überge- wichtigen Pferden schonend angefangen werden. Foto: Rautenbach

Zusätzlich zu den großen Säulen Diät und Bewegung gibt es diverse Futterzusätze, die explizit für insulinresistente Pferde entwickelt wurden. Bisher gibt es keine Studien, die den durchschlagenden Erfolg dieser Präparate eindeutig belegen. Trotzdem gibt es diverse Einzelfälle, in denen mit verschiedenen Zusatzfuttermitteln überzeugende Erfolge erreicht werden.

Medikamentelle Therapie

Zuletzt gibt es die Säule der medikamentellen Therapie. Diese ist in der Behandlung von EMS-Pferden noch relativ jung und die Erfahrungswerte sind überschaubar. Zum aktuellen Zeitpunkt gibt es kein explizit für EMS-Pferde zugelassenes Medikament, sodass wir uns hier an Präparate aus der Humanmedizin bedienen. Der aktuell vielversprechendste Ansatz liegt im Ertugliflozin. Dieses unter dem Handelsnamen Steglatro verfügbare Medikament fördert die Glucose-Ausscheidung über den Urin und hemmt die Rückresorption in der Niere. Das Medikament kann begleitend zum übrigen Diätprogramm gefüttert werden und wird nach Erreichen des Zielgewichts wieder abgesetzt. Die Erfahrungswerte am Pferd sehen bisher gut aus, wobei gerade zu Beginn aufgrund der potentiellen Nierenbelastung engmaschige Blutkontrollen notwendig sind. Außerdemsollte allen Beteiligten stets bewusst sein, dass eine medikamentelle Therapie in diesem Kontext stets nur eine untergeordnete Rolle spielt und eine disziplinierte Diät und Bewegung nicht ersetzen kann.